Sigma-Studie der SwissRe: Versicherungen und die stille Revolution

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„Versicherungen sind kein Online-Produkt“. So hört man es seit Jahren aus den Unkenrufen vieler Zweifler. Und die Zahlen geben ihnen recht: online werden weit weniger als zehn Prozent der Policen abgesetzt. Und das trotz der teils aggressiven Online-Kampagnen der Versicherer.

Die SwissRe wollte es nun etwas genauer wissen und untersuchte in ihrer Sigma-Studie, welchen Einfluss digitale Technologien auf das Geschäfts der Versicherer haben. Die Ergebnisse bringen dabei ganz interessante Fakten und Trends an das Tageslicht, die sich größtenteils unbemerkt von der allgemeinen Aufmerksamkeit etabliert haben.

Ohne den Menschen geht es nicht

Wer als Versicherungsvermittler die Einleitung dieses Artikels gelesen hat, kann jetzt wieder aufatmen. Den Versicherungsvermittler oder Versicherungsmakler wird es auch weiterhin brauchen. Allerdings – und jetzt sollte er genau mitlesen – er sollte **jetzt** auf den Zug aufspringen, da er sonst ohne ihn den Bahnhof verlässt und an Fahrt gewinnt. Denn: es hat sich klar gezeigt, dass Digital eine Brücke schlägt vom Kunden zum Versicherer hin und auch umgekehrt dem Versicherer einen einfacheren und schnelleren Weg zum Kunden ebnet. Wenn der Versicherungsvermittler dem Rechnung trägt, bleibt er am Ball – und nur dann. So jedenfalls sieht es die Sigma-Studie der SwissRe.

Versicherungen online abschließen? Macht doch keiner!

Macht man doch. Aber anders. Und immer mehr.

Der Vertrieb von Versicherungen im Internet war schon immer ein heißes Diskussionsthema. Die Zahlen scheinen den Kritikern recht zu geben. Hier hat die Sigma-Studie genau identifiziert, wo schon jetzt grundlegende Veränderungen passieren.

Der Akquisitionsprozess passiert online

Swiss-Re-Chefökonom Kurt Karl macht es deutlich: nicht die derzeitigen Anteile des Online-Business sind entscheidend, sondern die Auswirkungen von Digital auf den Vertriebsprozess. In den Umfragen der SwissRe wurde deutlich, dass Verbraucher immer stärker das Internet als Informationsquelle bei der Vorbereitung ihrer Kaufentscheidung heranziehen. Und der Verbraucher sieht das Internet zunehmend als verlässliche Informationsquelle. Kurt Karl nennt auch Ross und Reiter: Social Media, Vergleichsportale und Aggregatoren erlangen zunehmend an Bedeutung bei der Meinungsbildung des Verbrauchers.

Schneller beim Versicherer

Der Versicherungskunde erlebt es als höchst angenehme Erleichterung, wenn er via Smartphone einfach online mit seinem Versicherungspartner kommunizieren kann. Diese Möglichkeit auf Couch und im Zug und tags wie nachts nutzen zu können entspricht dem Zeitgeist, der eine permanente Verfügbarkeit von allem verheißt und als Credo propagiert. Somit passt dieses Kommunikations-Erlebnis gut zum Lebensgefühl der Menschen. Ob auf der Party oder im beruflichen Alltag: wenn eine Nachricht von Freunden oder Partnern einläuft, ist der Wunsch da, diese zu händeln. Man teilt die Freude über Gemeinsames, bestätigt die Angaben zum Vertrag, gibt eine Empfehlung über das neue Pkw-Modell und verabredet sich zum Brunch – während man „gleichzeitig“ eine Unterhaltung führt oder der Arbeit nachgeht.

Gut für Versicherer: bestimmte Produkte sind prädestiniert für den Verkauf über das Internet. Es sind die eher einfachen Versicherungsprodukte: Kfz-Versicherungen, private Sachversicherungen, Risikolebensversicherungen oder zum Beispiel auch Berufshaftpflicht-Versicherungen.

Der Kaufprozess wird fragmentiert

Der Kunde von heute möchte zunehmend über verschiedene Kanäle und Plattformen mit dem Versicherer kommunizieren. Dabei möchte er selbst die Wahl des Kanals treffen. Wer als Versicherer alle möglichen Kontaktpunkte im Blick behält und in seine vertriebliche und Service-Kommunikation einbezieht, wird letztlich stärker als adäquater (konservativ ausgedrückt: zeitgemäßer) Geschäftspartner wahrgenommen und präferiert.

Schneller beim Kunden

Wer beim Lesen der bisherigen Zeilen den Eindruck gewinnt, dass Digital nur ein Mehr an Aufwand für den Versicherer bringt, der darf hier erfahren, dass die bereits laufende Veränderung auch viel Positives für den Versicherer mit sich bringt. Mit Big Data fängt es an, denn die digitalen Vertriebskanäle liefern auch ein Mehr an Daten über den Kunden, was letztlich der Vorhersageanalytik zu gute kommt.

Big Data: Chancen für Versicherer

Big Data gibt bessere Einblicke in die Bedürfnisse und die Erwartungen der Kunden. Produkte, Preise und auch das Agieren des Vertriebs kann so optimiert und letztlich am Kunden ausgerichtet werden. Eine weitere erwartete Auswirkung von Digital ist die Vereinheitlichung von Versicherungsprodukten. Mehr Transparenz und damit eine stärkere Vergleichbarkeit geben dem Kunden mehr Macht, senkt allerdings auch manche Markteintrittsbarrieren. Es ist allerdings nicht so, dass die Versicherungswirtschaft sich aussuchen kann, ob sie diesen Weg gehen möchte. Vielmehr gerät der ins Hintertreffen, der sich der bereits laufenden Entwicklung verschließt.

Großbritannien: Kfz-Versicherung passiert online

Wer noch zweifelt, ob hier bereits laufende Trends erkannt wurden, der wird mit einem Blick über den Kanal schnell feststellen, was digital möglich ist und wie schnell digitale Technologien ein Marktsegment revolutionieren können. So hat die Sigma-Studie der SwissRe erkannt, dass beispielsweise der britische Markt für Motorfahrzeug-Versicherungen innerhalb weniger Jahre zu einem online-dominierten Markt geworden ist. Wann Online auch für andere Versicherungsprodukte bzw. andere Märkte zum wichtigsten Vertriebskanal mutiert, wird man schnell sehen. Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist ganz unterschiedlich. Fest steht, jedoch, dass sich das Kaufverhalten der Menschen verändert.

Wo ist der Platz für den Versicherungsvermittler?

Der Vermittler sieht sich womöglich von Vergleichsplattformen bedroht und seiner Basis beraubt. Dennoch gibt es einen Bereich, der auch künftig seine Domäne sein dürfte. Je komplexer die Risiken im Geschäfts-, Lebens- und Gesundheitsbereich sind, desto mehr kann er hier mit seiner Beratungsleistung punkten. Die SwissRe erwartet auch hier einen Bedarf seitens der Kunden, wenngleich das klassische Beratungsgespräch am Tisch auch hier durch Mobile Anwendungen oder Video-Chat abgelöst werden dürfte. Auch hier gilt: wer den Veränderungsprozess verschläft, wird von anderen Marktteilnehmern überholt, welche die Zeichen der Zeit erkennen und zu nutzen wissen.


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